Auf dem Weg zur kontrollierten Gentherapie

13.07.2016

Gene als Verursacher einer Krankheit gezielt ab- und anschalten und sie damit kontrolliert regulieren zu können, das ist der Traum zahlreicher Mediziner, Wissenschaftler und Patienten. An der Realisierung arbeiten Forscherteams auf der ganzen Welt. Einem Team um Dr. Mazahir T. Hasan, Wissenschaftler im Rahmen des Exzellenzclusters NeuroCure (Arbeitsgruppe von Prof. Matthew Larkum), ist es nun an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung Heidelberg gelungen, einen Virus so zu programmieren, dass es das hierfür notwendige genetische Material zu Körper- oder auch Nervenzellen transportiert.

Im Fachmagazin Molecular Therapy Nucleic Acids* berichten die Forscher über den neuen Übermittlungsweg, der das Ausgangsgenom instruiert, ohne sich selbst in das Genom zu integrieren.

Zahlreiche lebensbedrohliche Erkrankungen von Krebs bis Alzheimer können, wenn überhaupt, bislang nur auf chemischem Wege therapiert werden. Dabei bleiben viele Behandlungen unspezifisch oder gar uneffektiv. In manchen Fällen überlagern Nebenwirkungen die erwünschten Effekte, weil gesunde Zellen und deren Zusammenspiel durch das unspezifische globale Eingreifen in Mitleidenschaft gezogen werden. Genetisch erzeugte und modifizierte Mittler sollen Abhilfe schaffen und gezielt in erkrankten Zellen therapeutisch wirksam werden. „Wir nutzen im Labor veränderte, ungefährliche Viren, sogenannte recombinant adeno-associated viruses (rAAV), um genetisches Material in Zielzellen erkrankter, lebender Organismen einzubringen“, erklärt NeuroCure-Wissenschaftler Dr. Hasan. „Dieser Weg eröffnet eine Vielzahl von Möglichkeiten, Erkrankungen in der Zukunft behandeln und heilen zu können.“

Erfolgreich erprobt haben die Wissenschaftler diese neue Option zunächst im Tiermodell. Damit liefern sie wichtige Grundlagen, um neue Formen der Gentherapie für den Menschen zu entwickeln. Diese gilt es nun zu prüfen und abzusichern, bevor sie zur Anwendung kommen können. Tatsache ist, dass rAAVs genetisches Material zu jeglichen Körperzellen, in alle Gewebearten und auch in das Gehirn transportieren können. Dort angelangt, sind sie in der Lage, Gentherapien wiederholt zu initiieren oder zu beenden. Der „an“- oder „aus“-Schalter ist chemisch steuerbar, beispielsweise über eine gezielte Nahrungsaufnahme: „Diese regulierbare ‚on’/‚off’-Funktion macht unseren Ansatz insbesondere attraktiv für eine kontrollierte Gentherapie“, konstatiert Dr. Hasan.

Ein weiterer Vorteil: Die rAAV-infizierten Zellen lösen keine messbaren negativen Immunreaktionen aus und die Erbinformation rAAV-infizierter Zellen bleibt unangetastet. Für zukünftige Gentherapien ist das noch längst keine sichere Erfolgsgarantie, dennoch sind die Wissenschaftler zuversichtlich: „Wir befinden uns noch im Laborstadium. Mit zusätzlichen Sicherheitsoptionen kann diese Entwicklung zu einer Speerspitze werden, um künftig mittels Gen-Transfers schwerwiegende Krankheiten heilen zu können, darunter neurologische Erkrankungen wie Parkinson, die Alzheimer-Demenz oder Epilepsie“, so Dr. Hasan. 

Originalveröffentlichung:
*Godwin K Dogbevia, Martin Roβmanith, Rolf Sprengel and Mazahir T Hasan. Flexible, AAV-equipped Genetic Modules for Inducible Control of Gene Expression in Mammalian Brain. Molecular Therapy Nucleic Acids. 2016/ 5, e309. Artikel in Molecular Therapy Nucleic Acids
 
Quelle:
 
Kontakt:
Dr. Mazahir Hasan 
Exzellenzcluster NeuroCure
Arbeitsgruppe: Prof. Matthew Larkum
Charité – Universitätsmedizin Berlin
t: +49 30 450 539 175
E-Mail: mazahir.hasan[at]charite.de

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